Freitag, 26. April 2013

Riegelverkostung - Lakrits


Was steht drauf: Mjölkchokolad med Lakrits

Hüftgoldfaktor
: 220 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Schwedisch mag ja eine merkwürdige und nicht immer leicht zu durchschauende Sprache sein, aber im Falle dieses Riegels, ein Produkt der Firma Marabou, traue ich meiner translatorischen Potenz doch genug zu, um davon auszugehen, daß uns sein Name zuzurufen scheint, daß er zumindest zum Teil aus Lakritz besteht. Natürlich entsinne ich mich da sofort seines isländischen und nicht unbizarren Vetters und stelle mich auf die zu erwartende, nun, fortgeschrittene Geschmäckermischung von Schokolade und Süßholzsaft ein. Das Aroma von letzterem haucht einem auch unmißverständlich nach Öffnen der Verpackung entgegen und überduftet sogar die Schokolade. Der Riegel selbst ist unkonventionell, fast schon ästhetisch gestaltet: die gleichförmig und nebeinandergereihten, sanfthügeligen Kuppeln der Einzelstücke sind durch einen den gesamten Riegel durchmessenden, elegant mäandernden und in die Hügelwölbung eingebetteten schmalen Steg verbunden, dessen Oberfläche stets just mit den höchsten Wendepunkten der Kuppelparabeln verschmilzt, ihrem Wiederabsinken dann jedoch nicht mehr folgt.

Mundhaptik: Doch ganz anders als Draumur! Beim ersten Anbiss kein Anzeichen von einem lakritzeweichen Innenleben, nur normales, schnödes Milchschokoladegefühl. Beim weiteren Kauen läßt sich im zerschmelzenden Gemenge eine unbedeutende Dichteanomalie ertasten, die ein wenig irritiert jedoch kaum ins Gewicht fällt. Das liegt daran, daß der Lakritzanteil, dem großspurigen Namen des Produkts zum Trotz, deutlich geringer ausfällt und sich in zwei dünnen, den Riegel in der Länge nachzeichnenden Adern erschöpft, die weder einen eigenen Hohlraum, noch eine definierte Form, noch einen geradlinigen Verlauf aufweisen.
Die Schokolade erweckt nicht den frischesten, sondern einen solchen Eindruck, wie man ihn erwarten würde, wenn man in eine Schokoladentafel zu beißen sich anschickte, die man im Frühling nach einem harten Winter hinter der heimischen Ottomane hervorgeklaubt hat, wo sie zuvor alle Kapriolen westeuropäisch-bequemlichkeitssüchtigen Wohnraumüberheizens miterlebte und deren Haltbarkeitsdatum bereits offensiv mit dem Überschrittensein flirtet.

Geschmack: Doch recht anders als Draumur. Und deutlich besser, d.i. weniger verstörend, denn das erheblich zu Gunsten der Schokolade verschobene Anteilsverhältnis von Lakritze und Letzterer läßt eine eindeutige Fokussierung auf den nicht schlechten Schokoladengeschmack zu, der durch die leisere Lakritzstimme begleitet und tatsächlich interessant ergänzt wird. "Lakrits" schmeckt damit zweifellos mehrdeutig als schnöde Milchschokolade. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß ich den Geschmack von "Lakritz" nahezu perfekt imitieren könnte, wenn ich zunächst eine Handvoll Katjes Katzenpfötchen und im nicht unmittelbaren Anschluss daran einige dieser Schokonupsis aus den Marabourollen verspeiste. Die zerschmelzende Schokolade der Nupsis, die sich mit den aus ihren temporären, interdentalen Stauräumen freigesetzten Katzenpfötchenresten vermengen würde, schmeckte, ich bin sicher, genauso, wie "Lakrits".

Fazit: "Lakrits" könnte als Volks-Draumur bezeichnet werden. Als immer noch nicht mainstreamige aber doch versöhnlichere, kompromißbereitere, konsensfähigere Darreichungsform der Amalgamierung zweier Naschwerkklassiker, die in den Augen vieler der simultanen Verzehrbarkeit ohnehin besser zu entraten hätten.


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